Meist weiß gekalkte, teilweise auch naturbelassene Bauwerke in den Weinbergen des südlichen Rheinhessens. Aus Natur- und Feldsteinen in Kragkuppel-Bauform errichtet. Dienten vor allem vor der Maschinisierung der Landwirtschaft den zahlreichen Feldarbeitern als Unterschlupf, Schutz- und Pausenhütte sowie Geräte- und Materiallager.
Im Süden Rheinhessens, zwischen Wendelsheim (Rheinhessen) und Bockenheim (Pfalz), existieren etwa 30 dieser meist weiß gekalkten Kuppelbauten.
Lange hielt sich die These, dass apulische Arbeiter, die in der Mitte des 18. Jahrhunderts hier geweilt haben sollen, diese Häuschen erbauten. Grund für diese
Behauptung ist die Tatsache, dass in Apulien ebenfalls Trulli zu finden sind, aber nicht nur dort, sondern auch in Istrien, Korsika, Irland, Schweden und Südfrankreich. Bereits seit der
Eisenzeit bauen die Menschen Behausungen in dieser ursprünglichen Form.
Vielleicht waren es in der Tat Italiener, die bei der Errichtung der rheinhessischen Trulli mithalfen, jedoch die Anregung diese Häuschen zu bauen, holten sich
die Menschen in den eigenen Dörfern der Region. Nicht selten waren auch Brunnen mit ähnlichen Gewölben geschützt. Auch Turmhelme von Kirchen oder von Ortbefestigungen, wie zum Beispiel das
Dach des Hexenturmes der Fleckenmauer im Ortsteil Dalsheim in Flörsheim-Dalsheim oder Burgen und Schlösser dienten als Vorbild.
Das Alter der Bauwerke ist schwer zu schätzen. In den alten Gemeindebüchern sucht man vergebens nach Einträgen. Zeichen von Handwerkern und Erbauern sind
ebenfalls nicht zu finden. Die gedrungenen Zweckbauten, die damals nicht als touristische Attraktionen galten, sondern lediglich einen Schutzbau in einem Arbeitsbereich darstellten, waren es
schlichtweg nicht wert mit dem Erbauungsjahr versehen zu werden. Lediglich mm verbauten Material kann in etwa festgestellt werden, wann sie errichtet wurden. Meist wurde Abbruchmaterial,
Feldsteine und evtl. selbst gebrannte Ziegelsteine verwendet. Eine weitere Hilfe zur Datierung bietet die verschärfte Verordnung der Feld- und Weinbergschützen, die von der Kurpfälzischen
Administration im Oktober 1747 angeordnet wurde.
Grund hierfür war der akute Brennholzmangel und die vernachlässigte Aufsicht in Feld und Flur. Die Folge war, dass die Anwohner in die Weinberge einfielen, mit
Stöcken nach Schnecken suchten, „Pfähl und Weingarths-Holtz“ aus den Weinbergen stahlen, abgeschnittene Reben versteckt heimtrugen, Setzlinge mitnahmen, Trauben klauten, Trauben stoppelten,
Obstbäume fällten usw.
Die neuen Bestimmungen über das ganzjährige und auch nächtliche Bewachen der Feldflur veranlassten nun die Gemeinden Schutzhütten aus Stein zu errichten. Das
Material hierfür war reichlich vorhanden. Holz für Gerüste für ein Radialgewölbe war jedoch Mangelware und so errichtete man die Bauten mit einem Kraggewölbe, d.h. man schichtete flach
behauene Steine Reihe für Reihe immer enger werdend nach oben bis das Dach geschlossen war.
Die Schutzhütten wurden dann verputzt und oft weiß gekalkt. Sie dienten fortan dem Feld- und Weinbergschützen als Schutz vor dem Wetter, Unterschlupf,
Pausenraum und natürlich auch als Geräteraum.
Solange die Menschen das Gebiet außerhalb des Dorfes als reinen Arbeitsplatz ansahen, fanden die Häuschen keine Beachtung. Erst im Laufe der Zeit als Städter
aufs Land kamen und Wanderer die Natur entdeckten, wurden die Rheinhessischen Trulli als Besonderheit wahrgenommen.
Text: Karin Henn nach: "Weinberghäuser. Urformen der Baukunst im Südwesten Deutschlands" von Wolfgang Bickel.